Filme gucken…

Wenn man absolut nichts zu tun hat und in einer Reha mit 75 Jährigen festsitzt und sich beschäftigen muss, ist die logische Konsequenz sich mit dem schlechten Alltags-TV zu begnügen und sich einfach der kompletten Langeweile zu ergeben…
Den Fernseher habe ich bislang nur einmal betätigt und feststellen müssen, dass ich mich lieber hier vom Dach stürzen würde als 2 Stunden das Zeug anzuschauen, was da so läuft…

Dank des WWW und meinem funktionierenden Internetanschlusses gibt es aber natürlich Alternativen und ich kann mich auch mit mehr oder minder guten Art-House Filmen beschäftigen…

Einer meiner derzeitigen Favoriten ist ‚Frozen River‘ (gefrorener Fluß) (USA 2008), der an der Grenze zwischen New York/Quebec und dem Indianerreservat der Mohawk- ‚Indianer‘ spielt und einen ganz anderen, vergessenen Part von Amerika zeigt, der im Mainstream Hollywood Geschäft komplett untergeht.

Es ist sicherlich eher eine Art Sozial-Drama, dass die ‚harten Lebensumstände‘ am Rande von Amerika beschreibt. Hier sieht man nicht Sunny California, sondern eine verlassene, wilderne Gegend mit harschen Lebensbedingungen für die dort ansässigen Bewohner.

Gezeigt wird das Leben einer nun alleinerziehenden Mutter (Ray Eddy), deren spielsüchtiger Ehemann sie kurz vor Weihnachten sitzen gelassen hat und noch dazu das gesamte Geld für das ’neue Haus‘ dabei entwendete…Die Mutter lebt mit ihren beiden Söhnen in einem nicht isolierten Trailer (Haus/Wohnwagen) und hat außerdem nur einen Nebenjob in einem Geschäft. Kann also ihre Familie nicht ernähren und die Raten des neuen Hauses nicht abbezahlen. Unter diesen Umständen muss sie nun einen Weg finden, sich und ihre Familie durchzuschlagen und trifft dabei auf eine junge Mohawk Frau (Lila Littlewolf) mit der sie zunächst eine zufällige Zweckallianz eingeht. Lila schmuggelt im Winter illegale Immigranten über die kanadische Grenzen über den gefrorenen Fluß des Reservats. Ray hat das passende Auto zu diesem Unternehmen…Beide Frauen kommen sich im Rahmen der Handlung näher und man versteht ihre jeweilige Situation von der sie zu der ‚Tat‘ getrieben werden. Es geht hier nicht um eine Debatte um illegale Immigration oder moralische Werturteile, sondern die Frage: Was tut man um in dieser harschen Welt zu überleben? Welche Schritte geht man…? Wohin treibt einen die Verzweiflung…Dennoch hat der Film keinen ganz düsteren Touch, denn erzeigt in all der gegenwärtigen Aussichtslosigkeit auch einen Hoffnungsschimmer, der sich aus einer entstehenden Solidarität zwischen den beiden Frauen entwickelt. Aber auch aus der Darstellung des Reservatslebens und den Versuch der dort Ansässigen Lila in die Gemeinschaft zu re-integrieren bzw. außerhalb der Jurisdiktion Angelegenheiten durch eine zweite Chance oder eine aufrichtige Entschuldigung zu regeln….Der Film zeigt somit auch eine andere Kultur und ein anderes Verständnis von Gemeinschaft, Wertschätzung und Zusammenleben innerhalb Amerikas. Die Reservate haben eben aus der langen Tradition der Ausbeutung, Umsiedlung eine ganz andere Alltagsrealität als das sonstige Amerika. Einerseits bitterarm und mit großer Arbeitslosigkeit, andererseits geprägt durch eine teilweise Autonomie und eigene Regeln des Soziallebens…

Im Prinzip hat der Film keine überragende Handlung und die Story könnte auch am Ende als Sozialkitsch mit Happy End verstanden werden. Aber dem Film gelingt es vor allem durch seine Bildsprache den Zuschauer zu fesseln und für sich einzunehmen…Die kalte Winterlandschaft im Nirgendwo verleiht dem Film eine gewisse melancholische Stimmung. Die Einsamkeit ist aber nicht nur über die Farbgebung und musikalische Untermalung erlebbar, sondern wird und vor allem durch die Hauptdarstellerin Melissa Leo verkörpert.Diese kann in der Rolle der Ray Eddy überzeugen…Ohne Make-Up, mit Falten und altersgemäßen Gesichtszügen nimmt man es ihr ab, dass sie den harten Lebensalltag dort verbringen muss und wirklich durch ihre Lebenssituation an den Rand der Gesellschaft getrieben ist…Gleichzeitig ist es aber kein reines soziales Offenbarungskino, sondern überlässt dem Zuschauer das Urteil —ohne ihn dabei in eine bestimmte Richtung zu drängen.