Beim Neurologen II – Oder wie man (auch) kein Gespräch führen sollte..

Man hat ja immer irgendwelche Klischeevorstellungen im Kopf, wie bestimmte Fachärzte auszusehen haben…Ich finde ja schon , dass man Fachärzte häufig an der Kleidung erkennt: mein Hausarzt zum Beispiel trägt mit Vorliebe ein Rollkragenpullover und Jeans…Einen weißen Kittel habe ich noch nie bei ihm gesehen und auch noch nicht vermisst. Neurochirurgen hingegen tragen entweder ‚voll weiß‘ und Handschuhe, wenn sie gerade zwischen OP und Praxis hin und her schwirren oder Anzug und Krawatte + weißer Kittel, wenn die nächste Tagung sie erwartet…

Der Neurologe , den ich (sehr selten) frequentiere, trägt nun wiederum die Kombination Alltagsklamotten + weißer Kittel. Vom Schnitt erinnert der Kittel aber eher an ein Mechaniker-Outfit…Vermutlich weil Neurologen mit Liebe ihre Taschen mit irgendetwas füllen…

Was wäre ein Neurologe auch schon ohne seinen Reflexhammer??? Auch ansonsten könnte er einem Comic entspringen, denn von Statur ist er übermäßig groß und hager mit grauen, zerzausten Haaren, die in alle Richtungen zeigen…Ansonsten von der Wesensart so ungefähr der ruhigste und zurückhaltendste Arzt, den ich kenne, mit einem Hang zur totalen Höflichkeit und antiquierten Umgangsformen.

Eigentlich könnte man also schon sagen: Nett und umgänglich…

Dennoch: Richtig erquickliche Gespräche hatte ich eigentlich noch nie mit ihm…

Wobei ich natürlich auch mehr ein ‚Konsular-Patient‘ bin, wenn Neurochirurgen mal was unklar ist oder sie keine Lust haben einen Reflexhammer zu bedienen, werde ich dahin geschickt, bzw. als mein Hausarzt keine Lust mehr hatte mit mir zu debattieren, ob ich eine ISG-Blockade oder doch ein Wurzelsyndrom habe…

Diesmal bin ich mehr oder minder einfach ’nur so‘ Mal dahingegangen, um den ’neusten Stand‘ zu kommunizieren, da ich schon ca. 6 Monate nicht mehr da war und seit OP 2 eine Fußheber-Lähmung habe, die nicht zurück geht + seit OP 3 eigentlich immer noch Kopfschmerzen habe…Ich hatte sogar schon vor einer Weile mal ein paar Unterlagen dahin getragen, denn ich halte es eigentlich für sinnvoll einen Arzt zu haben, der eben über den Verlauf aufgeklärt ist und kein ‚Ärztehopping‘ zu betreiben…

Na ja, ich hatte an dem Morgen des Arztbesuches einen völlig un-kommunikativen Tag und einen Schmerzcrash…, was eine tolle Kombination ist…Hinzu kam -die wie übliche- totale Überfüllung der Praxis, was zu dementsprechend langer Wartezeit führte…(Hier in der Gegend gibt es nur 3 neurologische Praxen und alle sind mehr als gut besucht… )

Das Arzt Patienten Gespräch verlief jedenfalls konfus…

Neurologe: „Wollen Sie sich nicht setzen?“

Ich: „Sorry, kann ich noch nicht…Hatte gerade die 3 OP in 6 Monaten..“.

N: „Das ist viel…“

(Neurologe sucht in seinem Computer nach meinen Daten…)

N: „Und was wollen DIE jetzt von mir wissen??“

I: „Ehhh…Na ja, ICH würde gerne wissen, ob irgendwann diese Fußheber-Lähmung zurück geht…Außerdem ob es normal ist immer noch solche Schmerzen zu haben…??? Und ob ich das Ganze nachuntersuchen lassen soll oder muss..“

N: „Wie ist denn ihre derzeitige Symptomatik…?“

Ich: „Na ja, ziemlich konfus…Irgendwie habe ich nach wie vor Ausstrahlungen und Taubheit…Ich kann das eigentlich gar nicht mehr wirklich zuordnen…Außer das es weh tut….Irgendwie scheinen Bandscheiben OP’s eher zwecklos zu sein…“ (Wahnsinnig konkrete Beschreibung, die ich sicher präzisieren hätte können, aber ich hatte def. auch keine wirklich Lust)

N: „Und an was wurden sie operiert?“

I: „Liquorzyste mit ner Cauda Symptomatik…“

N: „Welche Ebene??? „

I: „L4 /L5, da wo das Duraleck war…(in OP Nr.2)“

N(guckt im Computer nach) : „Hmmh, da steht aber etwas von einer Synovialzyste an S1…“

I: „Das war OP Nr. 2…Da hatte ich einen Bandscheibenvorfall an L4/L5 und eine beidseitige Foramenstenose…+ eine Synovialzyste an S1…“

N: „Und sie sind schon wieder operiert worden..??? Die OP ist doch nicht mal 3 Monate her…Aha, hier steht Radikulopathie links…S1….L5…(also er informierte sich gerade über OP 2)“

I: „Ja, vor 3 Wochen…“

N: „Und da habe ich sie solange im Wartezimmer warten lassen, dass tut mir aber Leid…

I: „?“ (Hatte das ja durchaus der Sprechstundenhilfe bei der Terminvergabe erklärt…? Wobei ich es auch nicht so tragisch fand…)

N: „Wieder in der Klinik XY?“

I: „Ja…“

N: „Haben Sie da was schriftliches..Einen Entlassungsbericht…?“

I: „Nee, hat mir die Klinik nicht mitgegeben…Und irgendwie schaffen die es auch nicht mich in ne Reha zu schicken, weil der Informationsaustausch nicht funktioniert“

N: „Und was kann ich da tun?“

I: „?“ (Na, nichts…)

N (überlegt, was er jetzt mit mir machen soll): „Können Sie eigentlich liegen? “

I: ???? „Ja, schon…“ (Irgendwie)

N: „Man könnte mal ein SSEP machen…Dann könnte ich das besser beurteilen…( ob die Lähmung wieder weg geht)“

(In meinem Kopf noch ein größeres Fragezeichen, da ein SSEP (vereinfacht) ja die Nervenbahnen in Hinsicht auf Empfindungsweiterleitung zum Gehirn prüft und nicht unbedingt die Motorik…Aber mir war auch klar, dass man 3 Wochen nach einer OP kein EMG machen kann…Aber nun gut, dachte ich, wenn er eben meint…)

Also wieder Wartezimmer und dann wird man fröhlich freundlich mit zwei platzierten Nadeln am Kopf und Stromschlägen am Fuß beglückt… (Okay, elektrischen Impulsen)…Die medizinische technische Assistentin war jedenfalls unbegeistert davon, dass ich da einfach nicht ruhig liegen konnte…, aber wie man Muskeln entspannen soll, während man gereizt wird, ist mir unklar…Mich müsste man vermutlich sedieren, damit ich momentan irgendwo ruhig liegen kann…

Viel ergeben hat das Ganze jedenfalls nicht…

Runde 2:

N: „Na ja , da scheint linksseitig noch etwas nicht ganz in Ordnung zu sein?“

I: „Aha, und was heißt das jetzt..Da ist aber nix neues , was da wieder drauf drückt…???“

N. „Dafür spricht derzeit nichts…Da ist nervenwurzeltechnisch etwas noch nicht ganz richtig. War ja auch zu erwarten bei der Symptomatik…Zeigen Sie DENEN das Mal…“

I: (????…Also WEM ich das zeigen soll, ist mir unklar, da ich ja keine Nachsorgetermine in der Klinik habe und nicht so genau weiß, warum ich da jetzt schon wieder hingehen sollte…) Okay…

N: „Versuchen Sie einfach immer wieder Mal den Fuß zu bewegen und gucken sie, ob sich was daran ändert

I (????—Darauf wäre ich kaum von sebst gekommen)

N: „Haben Sie eigentlich jemand der sie versorgt?“

I: (antworte nicht und denke: ja, mich…Seltsame Frage)

N: „Wie ist das denn mit Medikamenten aktuell?“

I: Ibuflam…Amineurin, wobei das nehme ich eigentlich nicht mehr…zu viele Nebenwirkungen (Ibuflam auch nicht, aber in endlose Diskussionen will ich nicht kommen)

N: „Haben Sie denn eine Wirkung von Ibuflam?“

I: „Nein..“ (Darum nehme ich es auch nicht mehr)

N: Ich verschreibe Ihnen Mal Arcoxia…Das verschreibt man normalerweise nicht, dass ist nämlich zu teuer..“

I: (Hmmh, da hätte ich vermutlich Danke sagen sollen…Aber meine Begeisterung für ein neues Medikament hielt sich in Grenzen) „Und was ist das genau?“

N: „Auch ein Analgetikum (Schmerzmittel), mit einer etwas anderen Wirkweise. Dürfte auch magenschonender sein als Ibuflam…Sie können sich das Rezept gleich vorne mitnehmen“

I: „Aha, Danke…“

N: „Dann wünsche ich Ihnen gute Besserung bei einem so schwierigen Krankheitsverlauf:.“

I: (Guckte ihn vermutlich mit undefinierbaren Gesichtsaudruck an und gab ihm die Hand)

Hmmh, also das brachte mir die tolle Analyse meines psychischen Status ein: „affektiv nur bedingt schwingungsfähig zu sein..“ Lol…, aber es gäbe immerhin keinen Anhalt auf ein hirnorganisches Psychosyndroms, mnestische Störungen (Gedächtnisstörungen) oder eine Psychose…Intellektuell bin ich immerhin unauffällig…Interessant…Ich hätte doch irgendwie Mal die Fragen mit ein bißchen mehr emotionaler Eingebundenheit beantworten sollen…(Die ich habe, nur ich zeige sie nicht unbedingt)…Gut das ich keinen Witz über meinen derzeitigen Gesundheitsstatus gebracht hätte, ansonsten hätte er mir noch ein Frontalhirnsyndrom unterstellt…