Therapeutenlektion I: Wie bekomme ich einen schweigenden Patienten ganz sicher NICHT zum reden…


Lektion Nr.1) Deuten sie jeden Satz des Patienten, auch wenn sie überhaupt keine Ahnung haben, was in dem Patienten eigentlich vorgeht… Lektion Nr.2) Unterbrechen sie den Patienten immer mitten im Satz. Lektion  Nr3) Verhalten sie sich wie ein absoluter Spiegel. Begegnen sie Schweigen mit Schweigen, Aggression mit Aggression…

Therapeut und Patient sitzen sich relativ feindselig gegenüber und bilden eine Art schweigende Kampfzone…Ich bin mal wieder in das faszinierende Muster des Teppichs vertieft, während mein Gegenüber sich gerade so zurecht gerückt hat, dass sie nicht mich, sondern die Wand anblickt. Was soll man auch mit einem versteinert oder ironisch vor sich in grinsenden Patienten schon anfangen? Mir kommt das langsam wie ein Wettbewerb vor…Sie will mich nix fragen und ich nicht frei assoziieren…Nach gefühlten 100 Minuten, aber vermutlich nur so 4-5 Minuten, probiere ich es dann doch mal…Sätze bilden, kann doch nicht so schwer sein…
Ich: „Ich bekomme das mit meiner Diplomarbeit einfach nicht hin.“
T: „Sie dürfen nicht erfolgreich sein..,“
Ich: Kopfschüttelnd und (leicht lachend) „Das hat glaube ich damit jetzt nichts zu tun. Das Caos was ich derzeit produziere ist höchstens eine unzusammenhängende Katastrophe. Wenn ich so und so in Hartz IV lande..Wozu soll ich mich mit einer Diplomarbeit…???“
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T: (mich unterbrechend): „Das meinen sie jetzt ironisch“
(Schweigen..Was sollte ich auch sagen??? Ich bekomme so und so nur Psychofloskeln an den Kopf geworfen…Soll sie mal versuchen eine Arbeit zu schreiben mit 60-90mg Oxycodon (über den Tag verteilt) intus und dann noch zusammenhängende Sätze zu fabrizieren. Außerdem zwiscen Kopfschmerzen, erbrechen, neuropathischen Schmerzen in Händen, Armen und Beinen , gravierenden Rückenschmerzen, die man bei jedem Atemzug merkt, einer rezidivierenden Entzündung im Kiefer, 37C Fieber und dem ein oder anderen bulimischen Anfall hin und er zu schwanken. 3-4 Stunden am Tag kann ich evtl. irgendwas machen, aber das war es auch.. Es ist schon noch etwas anderes wissenschaftlich etwas zu schreiben vs sagen wir zu bloggen..)

T: „Sie schweigen mich seit Stunden wieder an…Ich mühe mich ab ihnen Fragen zu stellen und sie tun als wäre auch das eine Zumutung. Sie sind doch zu mir gekommen und ich nicht zu ihnen. Irgendwas muss sie ja motivieren hier dann doch wieder her zu kommen???“
I: „Ich ehmm, also eigentlich (Ich breche ab, schüttle den Kopf und grinse infantil, mein Gegenüber fühlt sich noch provozierter…Sie scheint innerlich mich gerade aus Stockwerk 10 schmeißen zu wollen)
T: „ Wenn sie nichts sagen, dann zwingen sie mich geradezu in sie einzudringen. Wissen Sie wie man sich fühlt, wenn jemand einem die ganze Zeit schweigend gegenüber sitzt???“

(Nun, ich bin an der Situation ja auch beteiligt also ja… und B: Das Wort eindringen evoziert in mir ganz andere Assoziationen…Denn ehrlich: Mit ihrem derzeitigen Wissen kann sie gar NICHT in mich eindringen. In gewissermaßen , und um bei dem Bild zu bleiben, dringt eigentlich auch gar nichts mehr zu mir hindurch…Sie könnte mich einen sadistischen Massenmörder nennen, aber sie erreicht mich nicht mehr…Ich habe mich absolut leblos in mich selbst zurückgezogen. Was sie sieht ist eine Maske…)

To be continued…

Freies Assoziieren: Endlich für mich erklärt…(Teil II)

Meine Unfähigkeit auch nur irgendeine Szene oder Begebenheit in einen logischen Satz einzukleiden oder überhaupt Sätze bis zum Ende auszuführen, versetzte mein Gegenüber langsam in nicht allzu wohlgeneigte Stimmung…

Therapeutin: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Szene SSSOOO je stattgefunden hat…“
Ich: „Ehh, doch“ (Ich hatte in bruchstückhaften Versatzstücken versucht zu erklären, dass ich mich mit meiner Schwester und Mutter auf einem Parkplatz getroffen hatte, da meine Schwester einen Text für ein Referat brauchte, meine Mutter mich aber in dieser Situation komplett ignoriert hat, nicht mit mir gesprochen hat und immer wieder weggegangen ist, obwohl ich versucht habe mit ihr normal zu sprechen/Small Talk zu führen…Z.B. wir saßen zwei Minuten im Cafe: Meine Mutter steht auf und sagt, dass sie jetzt einkaufen geht…Im Grunde genommen war es völlig grotesk, da sie – sobald ich auftauchte fluchtartig das Weite gesucht hat… )
Therapeutin: „Das ergibt so aber keinen Sinn: so – WIE sie das erzählen.
Und ich glaube nicht nur ich hätte starke Schwierigkeiten nachzuvollziehen, worüber sie überhaupt reden. sie können ja nicht einmal…“
Ich: „Ja, ich weiß..“
Therapeutin: „Außerdem verstehen Sie doch viel mehr als sie hier eigentlich zugeben…“
Ich: „Ich will aber über bestimmte Kontexte nicht reden…Ich kann einfach auch nicht…Dazu müsste ich mehr über die Familiengeschichte reden und das… Ich kann es einfach nicht…“
Therapeutin: „Aber sie haben sich doch an einigen Stellen im Leben auch über ihre Eltern hinweggesetzt. Es ist klar, dass sie sich früher schützen mussten, aber ihr Verhalten ist HIER nicht mehr hilfreich…“
Ich: „Ich habe aber häufig das Gefühl die Situation hier ist auch nicht anders…“ (Okay, jetzt hatte ich mal wieder die Achillesferse getroffen…)
Therapeutin (jetzt leicht verärgert): „Es ist eine VÖLLIG andere Situation. VÖLLIG“ (Wenn sie meint…Gerade indem Moment generierte sie für mich aber eher eine auffällige ÄHNLICHKEIT)